Offener Brief zum Beschluss im Umlaufverfahren vom 25.3.20 (Festlegung einer Ferienzeit des Stadtrates und Bestellung der Mitglieder des Ferienausschusses)

Sehr geehrte Frau Bürgermeisterin,

im Umlaufverfahren wurde am 25.3.20 durch die Mitglieder des Stadtrats beschlossen, dass alle Sitzungen des Stadtrates und seiner Ausschüsse ausfallen und stattdessen ein sechzehnköpfiger Ferienausschuss eingerichtet wird (TOP: „Festlegung einer Ferienzeit des Stadtrates und Bestellung der Mitglieder des Ferienausschusses; Umlaufverfahren lt. IMS vom 20.3.2020“)).

Dieser Umlaufbeschluss fand ohne Diskussion statt. Die Beschlussvorlage wurde erst am 24.3.20 zugestellt, damit wurde die für die Beschlussfassung des anstehenden Tagesordnungspunkts notwendige Frist nicht eingehalten (BayGO § 52 Abs. 1). Zudem heißt es in der Beschlussvorlage zum Umlaufbeschluss zur vom 24.3.20: „Der Sitzungszwang und der Grundsatz der Sitzungsöffentlichkeit schließen Umlaufbeschlüsse im schriftlichen oder elektronischen Verfahren in kommunalrechtlicher Hinsicht grundsätzlich aus.“ Das außerhalb demokratischer Regularien stattfindende Umlaufverfahren wird mit einem Empfehlungsschreiben des Bayerischen Staatsministeriums des Innern, für Sport und Integration (StMI) begründet, das in dieser besonderen Situation der Corona-Krise einen Beschluss für einen Ferienausschuss im Umlaufverfahren abweichend von der Gemeindeeordnung als zulässig ansieht.

Daraufhin stimmte offensichtlich die Mehrheit im Stadtrat dafür, dass ab 19.03.20 bis zum 30.4.20 alle Sitzungen des Stadtrats und seiner Ausschüsse entfallen und stattdessen der Ferienausschuss drei Mal tagen soll, nämlich am 2.4.20, am 21.4.20 und am 29.4.20. Die Ferienzeit wurde kurioserweise nur für diese drei Tage der Sitzungstermine des Ferienausschusses definiert, nicht für den gesamten Zeitraum, obwohl alle regulären Sitzungen vom 19.3. bis 29.4. abgesagt werden. So soll sichergestellt werden, dass nicht zu viel Ferienzeit in Anspruch genommen wird und für die Sommerzeit noch mehrere Wochen sitzungsfreie Zeit zur Verfügung steht, womit der BayGO, die die Ferienzeit auf maximal sechs Wochen im Jahr begrenzt, Genüge getan werden soll.

Wenn das Plenum sowohl im März als auch im April entfällt, haben die drei Einzelstadträte über zwei Monate weder ein Stimm- noch ein Rederecht – hinzu kommt dann ein weiterer Monat im August. Damit werden Einzelstadträte in diesem Stadtrat über mehrere Monate von ihrer Mitwirkung ausgeschlossen. Bei einem solch erheblichen Eingriff in demokratische Grundregeln muss es in der Tat schwerwiegende Gründe geben und selbstverständlich müssen Alternativen zu diesem Vorgehen ausreichend geprüft worden sein. Letzteres stelle ich in Frage.

Bereits die Stadtratssitzung am Donnerstag, 26.3. sollte aus Vorsorgegründen nicht im Neuen Rathaus, sondern im Jahnstadium stattfinden, um zu gewährleisten, dass die Stadträtinnen und Stadträte in ausreichendem Abstand voneinander sitzen können. Warum sollte das plötzlich nicht mehr genügen? Und falls der von Virologen geforderte Mindestabstand von 1,5 Meter nicht eingehalten werden kann, warum wurde dann nicht ein größerer Sitzungssaal gesucht, was derzeit mit Sicherheit auch kurzfristig kein Problem sein dürfte? Um den geforderten Mindestabstand auch beim Hineingehen in den Sitzungssaal sicher zu stellen, wäre das mittels mobiler Schranken am Eingang leicht zu bewerkstelligen.

Es wäre also kein unüberwindbares Hindernis, einen ausreichenden Abstand bei einer Sitzung herzustellen. Des Weiteren ist es für mich unverständlich, jetzt schon die Termine für die Ausschüsse und das Plenum in der zweiten Aprilhälfte abzusagen und stattdessen durch zwei Ferienausschusstermine zu ersetzen, obwohl zumindest zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht davon ausgegangen werden kann, dass die massiven Grundrechtseinschränkungen nach den Osterferien fortbestehen.

Für dieses Vorgehen kann auch nicht das Empfehlungsschreiben des StMI oder das Vorgehen anderer Städte für das Aushebeln demokratischer Verfahren herhalten. Innenministerielle Schreiben und Bekanntmachungen sind keine göttlichen Ratschläge und selbstverständlich entbinden sie die Stadtspitze nicht, selbst intensiv zu prüfen, ob es zu den vom StMI vorgeschlagenen Maßnahmen keine besseren Alternativen gibt.

Noch unverständlicher ist es, dass nun für die erste Sitzung des Ferienausschusses am 2.4.20 Tagesordnungspunkte aufgenommen wurden, die keineswegs unaufschiebbar sind und sehr wohl zu einem späteren Zeitpunkt im Plenum behandelt werden könnten. Darunter fallen insbesondere Tagesordnungspunkt 2 (Rahmenstrategie für Smart City Regensburg (SVR)), sowie die Tagesordnungspunkte 10 und 11 zur Einführung eines 365 €-Tickets für Schüler und Auszubildende. Hier ist man nicht der Empfehlung des StMI gefolgt, das von Sitzungen für „unverzichtbare und unaufschiebbare Entscheidungen“ im Zusammenhang mit der Bildung eines Ferienausschusses spricht.

Das Mindeste, worum ich Sie jetzt bitte, ist, dass diese und gegebenenfalls weitere aufschiebbare Tagesordnungspunkte von der Tagesordnung der Sitzung des Ferienausschusses am 2.4.20 genommen und diese zu einem späteren Zeitpunkt behandelt werden. Des Weiteren darf nicht hingenommen werden, dass alle Sitzungen in der zweiten Aprilhälfte entfallen und durch einen reduzierten Ferienausschuss ersetzt werden. Wie oben beschrieben, kann der von Virologen geforderte Mindestabstand auch anders als durch das Ausfallen von Sitzungen sichergestellt werden, wenn ein solcher Mindestabstand Ende April noch nötig sein sollte.

Dass möglicherweise politische Kreise in der Stadt bei Nichtbefolgung der gut gemeinten innenministeriellen Empfehlungen daraus Profit zu schlagen versuchen und Alarmismus verbreiten, kann natürlich sein, das sollte aber nicht davon abhalten, alternative Maßnahmen zu ergreifen, um so tiefe Eingriffe in demokratische Verfahren zu vermeiden.

Vielen Dank für Ihre Bemühungen.

Mit freundlichen Grüßen

Irmgard Freihoffer

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