Meine Rede beim Wahlkampfauftritt der Linken mit Janine Wissler (MdB und Bundesvorsitzende), Klaus Ernst (MdB) und der Direktkandidatin Eva-Maria Schreiber (MdB) am 16.9.21 am Dom
U. a. für diese für Regensburg überaus wichtigen Themen brauchen wir einen Wechsel in der Bundespolitik
1. Wohnen: Mietenwahnsinn in Regensburg
Mietzuschüsse – Sozialismus für die Reichen
Die Transferleistungen der öffentlichen Hand an Mieter/innen in Form von Wohngeld und einkommensorientierter Förderung (Subjektförderung) erhöhen zwar die Zahlungsfähigkeit der Menschen, die zur Miete wohnen, zugleich machen diese Subventionen erst diese hohen Mieten möglich, die sonst gar nicht bezahlbar wären. So wandert das Geld der Steuerzahler in die Hände der Immobilienbesitzer oder noch mehr in die Hände der Bauträger, denn die diejenigen, die eine Wohnung oder ein Haus gekauft haben, um es zu vermieten, haben häufig selbst schon überhöhte Preise an die Bauträger bezahlt.
Welche Gewinne Bauträger machen können, konnte man nur durch den Parteispendenprozess in Regensburg erfahren: 40 Millionen € nach Steuern, also einen Nettogewinn von 40 Millionen, konnte die Baufirma Tretzel allein mit einem einzigen Baugebiet in Regensburg erzielen, nämlich dem Rennplatz Nord in Regensburg.
Wie der DGB in seiner Broschüre „Bezahlbar ist die halbe Miete“ (2019) darlegt[1], beliefen sich die Kosten für die Mietzuschüsse im Jahr 2014 auf 16,5 Milliarden €. Dies ist eine Umverteilung von Steuergeldern in die Taschen der Immobilienbesitzer bzw. Bauträger. Heute dürften diese Zuschüsse vermutlich noch viel höher ausfallen.
Wir aber brauchen keinen Sozialismus für die Reichen. Wir brauchen hingegen mehr Genossenschaftsbauten und ein neues Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz: Private Firmen bauen Wohnungen, aber die Mieten und die Gewinne sind gedeckelt. Ein solches Gesetz hatten wir schon einmal, unter Helmut Kohl wurde es 1990 abgeschafft. Da kam Goldgräberstimmung bei den Bauträgern auf.
Modernisierungspauschale
Hinzu kommt die Modernisierungsumlage, die Eigentümer/innen dazu berechtigt, die Kosten dafür auf die Miete aufzuschlagen. Bis Ende 2019 waren es 11% pro Jahr, ab 1.1.20 sind es 8%, so dass der Mieter nach neun bzw. zwölfeinhalb Jahren die Modernisierung komplett finanziert hat, trotzdem bleibt die Modernisierungspauschale Bestandteil der Miete. Wird zudem eine solche Miete zum Mietspiegel herangezogen, wird die Modernisierungspauschale nicht herausgerechnet.
Wir brauchen eine Bundesregierung, die endlich mit solchen Regelungen zum Schaden der Mieter/innen Schluss macht.
2. Verkehr
Ein Beispiel: Regensburg hat sich 2016 im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung für den sechsspurigen Ausbau der A3 zwischen Rosenhof und Autobahnkreuz ausgesprochen und sich dafür eingesetzt, dass der sechsspurige Ausbau bis Nittendorf weitergeführt wird. 154 Mio. € wurden für den A3-Ausbau zwischen Rosenhof und Autobahnkreuz eingestellt. Jetzt liegen die Kosten bei 290 Mio., da ist die Autobahnbrücke über den Güterbahnhof bei Burgweinting noch gar nicht dabei. Diese soll 40 Mio. betragen. D. h. die Kosten für den dreispurigen Ausbau haben sich mittlerweile mehr als verdoppelt. Dabei ist erst gut die Hälfte der Bauzeit vorüber.
Und was kostet dann ein beabsichtigter weiterer A3-Ausbau über die Sinzinger Autobahnbrücke bis Nittendorf? Im Bundesverkehrswegplan sind die Kosten mit 216,8 Mio. € angegeben. Es ist davon auszugehen, dass sich hier ähnliche Kostensteigerungen ergeben, dann kommen wir auf 800 oder noch mehr Millionen € insgesamt. Das ist eine entsetzliche Fehlleitung finanzieller Ressourcen.
Denn wir brauchen hier in Regenburg und der Region das Geld für den Ausbau des öffentlichen Verkehrs, insbesondere für eine Stadt-/Umlandbahn. Des Weiteren eine deutlich bessere Taktung der Busse und günstigere Preise, die sich auch Familien leisten können.
Wie seine Vorgänger ist Bundesverkehrsminister Scheuer kein Verkehrsminister, sondern ein Autominister. Deswegen brauchen wir eine starke Linke im Bundestag, die dazu beiträgt, den Irrsinn auf dem Verkehrssektor der vergangenen Legislaturperioden im Bundestag zu korrigieren.
3. Parteispenden von Firmen
Der Parteispendenskandal hat in Regensburg hohe Wellen geschlagen, Bauträger haben hohe Summen an die Parteien der beiden OB-Kandidaten Joachim Wolbergs und Christian Schlegl im Kommunalwahlkampf 2014 gezahlt.
Joachim Wolbergs wurde dafür verurteilt, auch wenn beide Urteile noch nicht rechtskräftig sind und die öffentliche Empörung war groß. Regensburg sei „Korruptionshauptstadt gewesen, so die Regensburger Staatsanwaltschaft.
Ich will nicht in Abrede stellen, dass Wolbergs große Fehler gemacht hat, aber doch war diese Fokussierung auf einen einzelnen Oberbürgermeister einseitig und das konzentrierte Abladen von Schuld auf ihn ungerechtfertigt. So bleibt das System der Parteienfinanzierung insgesamt unangetastet, und große Geldsummen aus der Wirtschaft, von Automobilkonzernen bzw. von deren Eigentümern fließen weiterhin an die Parteien.
Und warum hatte da in der Vergangenheit keine Staatsanwaltschaft einen Anfangsverdacht:
– Finanzkrise 2008: Deutsche Bank-Chef Josef Ackermann sprach vom „Versagen des Marktes“ und bearbeitete Bundeskanzlerin Merkel, mit Staatshilfen zur Rettung der Banken einzuspringen, insbesondere ging es m die Rettung der Hypo Real Estate (HRE), der gegenüber die Deutsche Bank Forderungen in Milliardenhöhe hatte. In einer Schnellaktion wurde die Rettung der HRE im Bundestag beschlossen, ohne dass geprüft wurde, wer denn eigentlich die Gläubiger dieser Bank seien. In unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang zum Beschluss zur Rettung der HRE spendete die Deutsche Bank an SPD und Union große Summen.
– Mövenpickaffäre: 2009 wurde der Mehrwertsteuersatz für Übernachtungen herabgesetzt. Einer der Hauptprofiteure: Der Eigentümer August von Finck mit seiner Hotelgruppe. Ein schönes Wahlgeschenk für den bayerischen Milliardär, der mittlerweile in der Schweiz lebt und die Union und FDP 2009 reichlich mit Spenden bedachte.
– Oder die regelmäßigen Überweisungen von Automobilkonzernen bzw. deren Eigentümer an Unionsparteien, SPD und FDP. Gleichzeitig setzte sich die Bundekanzlerin in den vergangenen Jahren auf EU-Ebene immer wieder gegen strengere Abgasnormen durch.
Auch die Korruptionswächter im Europarat (Greco) mahnen seit über 10 Jahren Reformen bei der deutschen Parteienfinanzierung an. Bis heute wurden sie nicht umgesetzt. Der Europarat attestierte der Bunderegierung deshalb „einen fehlenden politischen Willen“. Ein vernichtendes Urteil.
Zurück zu Regensburg, der „Korruptionshauptstadt“: Es bringt nichts, einen Oberbürgermeister hinzurichten, während das unerträgliche System der Parteienfinanzierung durch Firmenspenden und Millionäre und Milliardäre unangetastet bleibt. Mit Begriffen wie „Korruptionshauptstadt Regensburg“ wird der Fokus aber davon weg- und auf eine einzelne Person, den ehemaligen Regensburger Oberbürgermeister Wolbergs, umgelenkt.
Parteispenden von Firmen müssen endlich verboten und private Spenden der Superreichen deutlich gedeckelt werden. Die Linke fordert eine Obergrenze von 25.000 € für private Spenden im Jahr. Sie ist auch die einzige Partei im Bundestag, die keine Spenden von Firmen bzw. deren Aktionären annimmt.
[1] S. 6