Sehr geehrte Frau Bürgermeisterin,
folgenden Antrag bitten wir in der nächsten Stadtratssitzung abstimmen zu lassen:
Die Stadt Regensburg richtet folgende Resolution an Gremien, in denen die Stadt vertreten ist und in denen die aktuelle Standardisierte Bewertung auf die Agenda gesetzt werden kann, sowie an das Bundesministerium für Verkehr und digitale Zusammenarbeit und das Bayerische Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr:
Die Stadt Regensburg sieht das Erfordernis, Umweltbelange in deutlich höherem Maße bei der Standardisierten Bewertung von Verkehrswegeinvestitionen des öffentlichen Personennahverkehrs, Version 2016 zu berücksichtigen, um der Dringlichkeit des Umwelt- und Klimaschutzes Rechnung zu tragen und eine zügige ökologische Verkehrswende herbeizuführen.
Dabei ist auch die eingesparte Flächenversiegelung durch möglichen Rückbau von Straßen und Parkraum bzw. durch nicht erfolgten Bau von weiteren Straßen und zusätzlichem Parkraum neu mitaufzunehmen. Über Umweltbelange hinaus sollten Urbanitätsgewinne durch Rückbau von Straßen und der Wiedergewinnung des öffentlichen Raumes entsprechend gewürdigt werden, wie dies in manchen anderen europäischen Ländern wie z. B. Frankreich der Fall ist.
Falls eine Monetarisierung der Flächenversiegelung und/oder von Urbanitätsgewinnen nicht möglich sein sollte, wären diese Parameter als zusätzliche positive Kriterien im Sinne einer Förderung des ÖPNV in das Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (GVFG – Gesetz über Finanzhilfen des Bundes zur Verbesserung der Verkehrsverhältnisse der Gemeinden) aufzunehmen.
Die Stadt Regensburg unterstützt ausdrücklich die Forderungen des Deutschen Städtetags zur Verbesserung der Standardisierten Bewertung in seinem Beschluss vom 21.09.2016 (siehe Anlage).
Begründung:
Das Verfahren der Standardisierten Bewertung besteht aus einer „mehrstufigen Bewertung“: Alle Wirkungen eines Projektes werden zunächst danach unterteilt, ob sie kardinal messbar (in Zahlen ausdrückbar) sind oder nicht. Nicht kardinal messbare Wirkungen können in einer ergänzenden Darstellung gewürdigt werden. Die in Zahlen ausdrückbaren Wirkungen werden danach unterteilt, ob sie
- monetär (in Geldgrößen vorliegend, z. B. Erträge, Investitionen, laufende Kosten),
- monetarisierbar (durch etablierte Verfahren in Geldgrößen umrechenbar, z. B. Reisezeitgewinne, Luftverschmutzung) oder
- nicht monetarisierbar
sind. Daraus werden gebildet:
- Nutzen-Kosten-Indikator E1 („Teilindikatoren, deren originäre Messgrößen entweder monetär sind oder durch konventionell abgesicherte Umrechnungen monetarisierbar sind“),
- Nutzwertanalytischer Indikator E2 („In E1 berücksichtigte Teilindikatoren und zusätzliche Indikatoren, die kardinal messbar sind“),
- Zur Darstellung der finanziellen Auswirkungen für Investoren und Betreiber ist die so genannte „Folgekostenrechnung“ vorgesehen.
Für die Förderung nach dem GVFG ist der Indikator E1 maßgeblich. Sein Wert gibt das Nutzen-Kosten-Verhältnis an. Nur Projekte mit einem Wert größer als 1 (d. h. die Nutzen sind größer als die Kosten) erfüllen das Gebot der Wirtschaftlichkeit nach § 7 Bundeshaushaltsordnung und dürfen gefördert werden.
Die Studie zur Einführung eines höherwertigen ÖPNV-Systems in Regensburg zeigte, dass ein Teilabschnitt einer möglichen Stadtbahntrasse den Wert 1 nicht erreicht und damit nach den jetzigen Bedingungen der Standardisierten Bewertung nicht gefördert werden kann. Auch für einen weiteren Ausbau des schienengebundenen Nahverkehrs in der Region, der die Abhängigkeit vom Auto (u. a. für über 60.000 Pendler[1] zwischen Stadt und Landkreis) stark reduzieren könnte, sind bessere Fördermöglichkeiten unumgänglich.
Mit freundlichen Grüßen
Richard Spieß Irmgard Freihoffer
Fraktionsvorsitzender Stadträtin
[1] Zwei Drittel der knapp 100.000 Pendler zwischen Stadt und Landkreis sind mit dem Auto unterwegs.
Anlage: Beschluss des Präsidiums des Deutschen Städtetags vom 21.09.2016
http://www.staedtetag.de/presse/beschluesse/079184/index.html
Nutzen-Kosten-Analyse bei ÖPNV-Großvorhaben (Standardisierte Bewertung) Beschluss des Präsidiums des Deutschen Städtetages
- Das Präsidium begrüßt die Fortschreibung der Kosten-Nutzen-Analyse bei Großvorhaben des Öffentlichen Personennahverkehrs (Standardisierte Bewertung), die als Nachweis des volkswirtschaftlichen Nutzens und der Förderfähigkeit von Großprojekten dient, und sieht diese als wichtige Voraussetzung für die beabsichtigte Fortsetzung des GVFG-Bundesprogramms an.
- Das Präsidium vertritt die Auffassung, dass die Anwendbarkeit der Standardisierten Bewertung auf stark vernetzte Strukturen des ÖPNV/SPNV in Großstädten und Netzergänzungen in Verdichtungsräumen verbessert werden muss. Dazu ist nicht allein auf Fahrgastzuwachs und Streckenzeitgewinn als Nutzenfaktor abzustellen, sondern auch auf folgende Belange:- Beiträge zur Stabilisierung des Betriebes,
– Verminderung der Störanfälligkeit und/oder der Störauswirkungen (Resilienz),
– bessere Umsteigeverbindungen,
– Wirkungen punktueller Maßnahmen an Bahnhöfen und Haltestationen,
– Barrierefreiheit, Sicherheit, Brandschutz, geringere Umweltauswirkungen (Lärm, Schadstoffe),
– Substituierung von im Bundesverkehrswegeplan vorgesehenen Straßentrassen durch Ausbau und Erweiterung von ÖPNV-Trassen im Rechtskreis des Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes,
– Attraktivitätssteigerung der Angebote, verminderte Trennwirkung durch Öffnung der Förderfähigkeit über eigene Gleiskörper hinaus und weitere städtebauliche Aspekte. - Das Präsidium sieht insgesamt das Erfordernis, zusätzliche Nutzenfaktoren in der Bewertung abzubilden, um heutige Förderhürden zu überwinden. Wirkungen sind im Gesamtzusammenhang des städtischen Verkehrs und nicht bezogen auf Einzelmaßnahmen zu bewerten. Gleichzeitig muss das Verfahren einfacher und effizienter gestaltet werden und auch auf Sanierungsmaßnahmen des ÖPNV/SPNV anwendbar sein, die bei Aufstockung des GVFG-Bundesprogramms das heutige Antragsvolumen von 50 Mio. Euro unterschreiten.
- Das Präsidium regt an, die Standardisierte Bewertung um eine transparente, für die Öffentlichkeit verständliche Dokumentation zu ergänzen.