Antrag: Infektionsschutzmaßnahmen unter Berücksichtigung des geringeren Infektionsrisikos im Freien angemessen umsetzen

Sehr geehrte Frau Oberbürgermeisterin,

ich bitte Sie, dem Stadtrat folgenden Antrag vorzulegen:

Der Stadtrat beschließt:

  1. Die Verwaltung klärt darüber auf, warum der Stadtrat bei Maßnahmen wie z. B. einer weitergehenden Maskenpflicht in der Innenstadt nicht beteiligt wird und warum er wie in der Vergangenheit auch nicht nachträglich informiert wurde.
  1. Die Stadt schöpft den rechtlichen Ermessensspielraum maximal aus, um die Maskenpflicht im öffentlichen Raum der Innenstadt abzuschaffen. Falls das nicht möglich ist, klagt die Stadt gegen die rechtlichen Vorgaben des Freistaats.
  1. Die Stadt wird aufgefordert, darauf zu verzichten, bei Minder-jährigen, die im Freien gegen Infektionsschutzauflagen verstoßen haben sollen, die Ordnungswidrigkeit weiter zu verfolgen, falls diese bereits rechtskräftig ist bzw. darauf zu verzichten, sie weiter zu verfolgen, sofern es noch keinen Bescheid gibt.

Begründung:
Zu 1. Und 2.:
Gemäß § 65 Satz 1 der Zuständigkeitsverordnung (ZustV) sowie in Verbindung mit § 5 Satz 3 und § 24 Abs. 1 Nr. 1 der 11. Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung vom 15. Dezember 2020
(11. BayIfSMV), veröffentlicht mit BayMBl. 2020 Nr. 737, ist die Kreisverwaltungsbehörde für eine „weitergehende Maskenpflicht“ zuständig.

Art. 9 der GO bestimmt, dass kreisfreie Gemeinden die Rolle der Kreisverwaltungsbehörden übernehmen. In Art. 29 GO heißt es: „Die Gemeinde wird durch den Gemeinderat verwaltet, soweit nicht der erste Bürgermeister selbständig entscheidet (Art. 37).“

In der Zwölften Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmen-verordnung (12. BayIfSMV) vom 5. März 2021 stellt in Abs. 1 fest: „.2Wo immer möglich, ist ein Mindestabstand zwischen zwei Personen von 1,5 m einzuhalten. 3Wo die Einhaltung des Mindestabstands im öffentlichen Raum nicht möglich ist, soll eine Mund-Nasen-Bedeckung getragen werden.“

Das Ansteckungsrisiko ist im Freien deutlich geringer. Metastudien zeigen, dass das Infektionsrisiko im Freien um bis zu 19-mal geringer ist als in Innenräumen. Siehe hierzu z. B. die Studie der kalifornischen Universität Berkeley: https://www.springermedizin.de/sars-cov/epidemiologie-und-hygiene/corona–wie-hoch-ist-die-ansteckungsgefahr-im-freien-/18666446#[1].

Bei Eingriffen in die persönliche Freiheit des Einzelnen ist daher sehr genau die Wirksamkeit von Maßnahmen im Auge zu behalten. Des Weiteren ist für Menschen mit Brille das Radfahren mit Maske in der Innenstadt bei kühleren Temperaturen sehr gefährlich, da sich die Brille ständig beschlägt.

Zu 3.:
Dass für junge Menschen das lange Getrenntsein vom Freundes-kreis und die starke Einschränkung von Freizeitmöglichkeiten nicht nur sehr belastend ist, sondern auch zu schweren psychischen Problemen führen kann; ist mittlerweile bekannt, das Bedürfnis, sich wenigstens im Freien zu treffen, ist nachvollziehbar. Die derzeit verhängten Geldbußen von teilweise über dreihundert Euro, die Jugendlichen, die kein eigenes Einkommen haben, auferlegt werden, wenn sie sich im Freien treffen, ist deshalb unverhältnismäßig. Wie oben beschrieben, ist das Infektionsrisiko im Freien ziemlich gering und es ist besser, wenn die Heranwachsenden ihrem Bedürfnis nach Freundschaft und Nähe mit Gleichaltrigen eher im Freien als in Innenräumen nachkommen.

Mit freundlichen Grüßen

Irmgard Freihoffer

[1] “Outdoor Transmission of SARS-CoV-2 and Other Respiratory Viruses: A Systematic Review“, The Journal of Infectious Diseases, 15.2.21; https://academic.oup.com/jid/article/223/4/550/6009483

 

Anlage

https://www.springermedizin.de/sars-cov/epidemiologie-und-hygiene/corona–wie-hoch-ist-die-ansteckungsgefahr-im-freien-/18666446

08.12.2020 | SARS-CoV | Nachrichten

Abstand halten gilt auch draußen!
Corona: Wie hoch ist die Ansteckungsgefahr im Freien?

Autor: Dr. Elke Oberhofer

Das Risiko, sich mit SARS-CoV-2 zu infizieren, ist im Freien deutlich geringer als in geschlossenen Räumen. Das bestätigt eine umfassende Literaturstudie der Uni Berkeley. Die Autoren regen an, Aktivitäten zur Freizeitgestaltung oder auch Schulstunden so weit wie möglich nach draußen zu verlagern.

Das Wichtigste in Kürze zu dieser Studie finden Sie am Ende des Artikels.

Dass Menschen sich auch außerhalb geschlossener Räume mit SARS-CoV-2 infizieren, lässt sich zwar nicht komplett von der Hand weisen. Dennoch scheint das Ansteckungsrisiko im Freien im Vergleich zu Innenräumen eher gering zu sein. Zu diesem Schluss kommen Forscher der Universität Berkley in San Francisco, nachdem sie zwölf internationale Studien ausgewertet haben.

In fünf Studien zur SARS-CoV-2-Übertragung betrug der Anteil der Transmissionen, die mutmaßlich draußen stattgefunden hatten, weniger als 10%; weniger als 5% betrafen berufliche Tätigkeiten an der frischen Luft.

Eine der größten Untersuchungen zum Thema stammt aus China: Hier hatte sich die Übertragung nur in einem von insgesamt 7324 Fällen im Freien ereignet. Die Autoren schränken jedoch ein, dass es sich nur um offiziell gemeldete Fälle gehandelt habe. Außerdem hätten die strikten Maßnahmen der chinesischen Regierung – vor allem das Versammlungsverbot im öffentlichen Raum – wahrscheinlich zu dem Ergebnis beigetragen.

Übertragungsrisiko in Innenräumen 19-mal höher

Auf ein knapp 19-mal höheres Risiko einer Indoor-Transmission verglichen mit dem Übertragungsrisiko im Freien kamen japanische Wissenschaftler. Sogenannte Superspreader-Ereignisse, bei denen eine Person mindestens drei weitere infiziert, waren im geschlossenen Umfeld sogar 33-mal wahrscheinlicher.

Französische Forscher nahmen insgesamt 201 Ausbrüche an 22 Orten weltweit unter die Lupe. Auch hier hatte sich die überwältigende Mehrheit – nämlich 197 – in Innenräumen ereignet. Die Ausnahmen betrafen mehrere Baustellen in Singapur, wobei nicht ganz klar war, unter welchen Umstände es zur Infektion gekommen war. Unter „Baustelle“, so das Team um Tommaso Celeste Bulfone, könne man allerdings auch bereits fertiggestellte und somit geschlossene Räumlichkeiten verstehen.

Im Sommer hatte der Ausbruch in einem Ferienlager im US-Bundesstaat Georgia international für Aufmerksamkeit gesorgt. Hier hatten sich 260 zuvor negativ getestete Teilnehmer offenkundig während des Aufenthalts mit SARS-CoV-2 infiziert. Die höchste Infektionsrate (56%) wurde bei den Mitarbeitern des Camps festgestellt, die sich am längsten im Lager aufgehalten hatten. In den Außenbereichen hatte – zumindest für die Erwachsenen – Maskenpflicht gegolten. Die Infektionen hatten sich allerdings zum Großteil in den Blockhütten ereignet, in denen jeweils bis zu 26 Personen auf engem Raum schliefen.

Auf den Abstand kommt es an
Auch ein Ausbruch in Deutschland wurde in der Literaturübersicht berücksichtigt. Dabei hatten sich 20 Mitglieder einer Großfamilie aus Münster vermutlich gegenseitig infiziert, obwohl sie auf mehrere Haushalte verteilt lebten. Die Übertragung hatte mutmaßlich bei wiederholten Treffen auf einem Spielplatz stattgefunden. Dies deutet darauf hin, dass es wohl auch im Freien für das Ansteckungsrisiko relevant ist, wie nahe man sich kommt.

Bulfone und sein Team kritisieren jedoch, dass es nahezu allen genannten Studien an einer genauen Beschreibung der Gelegenheit mangele, bei der es zur Übertragung von SARS-CoV-2 gekommen war. Solche Informationen seien aber wichtig, wenn man von politischer Seite erwäge, Outdoor-Aktivitäten, die schließlich auch der allgemeinen Gesundheitsförderung dienen, zum Schutz vor Ansteckung einzuschränken.

Sorglosigkeit kann sich rächen!

Auf der anderen Seite legt z. B. der Ausbruch im Rosengarten des Weißen Hauses im September 2020 nahe, dass sich Sorglosigkeit und mangelnde Schutzmaßnahmen auch im Freien rächen können: Von den etwa 200 Anwesenden wurden im Nachhinein 13 Personen, darunter der US-Präsident und mehrere Berater, positiv auf SARS-CoV-2-getestet. Masken hatten die wenigsten getragen, auf den eng gestellten Stuhlreihen hatte man quasi Schulter an Schulter gesessen.  Mehrere Teilnehmer hatten sich zudem im Lauf der Veranstaltung umarmt und Hände geschüttelt.

Generell, so Bulfone et al., könne man jedoch davon ausgehen, dass Zusammenkünfte im Freien, die mit keiner Übernachtung verbunden sind, ein deutlich geringes Infektionsrisiko bergen als z. B. mehrtägige Massenveranstaltungen im Freien. Dies bestätigten auch historische Studien aus Influenzapandemien.

Im Grippe-Pandemiejahr 1918 hatte die Versorgung mit Frischluft sogar nachweislich über Leben und Tod entschieden: Von der 1217 Mann umfassenden Besatzung eines US-Militärschiffs hatten sich damals 1000 Crewmitglieder angesteckt. Dabei lag die Mortalität bei denjenigen, die zusammengepfercht in Kajüten unter Deck schliefen, etwa viermal so hoch wie bei denen, die in Hängematten an der frischen Luft genächtigt hatten.

Aktivitäten nach draußen verlagern!

Auf die Corona-Pandemie lassen sich solche Daten nur bedingt übertragen. Auch für SARS-CoV-2 gilt jedoch, dass sich virushaltige Aerosole in Innenräumen mit schlechter Belüftung länger in der Luft halten und somit eine größere Chance haben, inhaliert zu werden.

Bulfone und Mitarbeiter plädieren nun dafür, möglichst viele Indoor-Aktivitäten und ggf. auch Schulstunden ins Freie zu verlegen, wo angebracht, unter Einhaltung von Abstandsregeln und Mund-Nasen-Schutz. Damit könne man Infektionsraten senken, möglicherweise auch den Anteil asymptomatischer Infektionen erhöhen und somit letztlich Leben retten.

Das Wichtigste in Kürze
Frage: Wie hoch ist das Risiko einer SARS-CoV-2-Übertragung im Freien?
Antwort: Nach der aktuellen Studienlage ist die Wahrscheinlichkeit einer Übertragung in Innenräumen bis zu 19-mal höher als im Freien.
Bedeutung: Um das Infektionsrisiko zu senken, raten die Autoren, möglichst viele Aktivitäten ins Freie zu verlagern.
Einschränkung: Hohe Heterogenität der Studien; asymptomatische Infektionen möglicherweise unterrepräsentiert; Mangel an Informationen zu Transmissionswegen; Einfluss durch Schutzmaßnahmen meist nicht berücksichtigt.

 

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