Am 20.10.2016 brachte die Linksfraktion Regensburg zum Thema Öffentlichkeit von Tagesordnungspunkten folgenden Antrag in den Ausschuss für Verwaltung, Finanzen und Beteiligungen ein:
Antrag:
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Veröffentlichung der Tagesordnungspunkte nichtöffentlicher Sitzungen des Stadtrates und seiner Ausschüsse
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Veröffentlichung der Abstimmungsergebnisse von nichtöffentlichen Beschlüssen
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Öffentliche Bekanntgabe von Beschlüssen, deren Nichtöffentlichkeit entfallen ist
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
folgenden Antrag bitten wir den zuständigen Gremien vorzulegen:
Der Stadtrat möge beschließen, dass künftig auch die nichtöffentlichen Tagungsordnungspunkte in Stadtrats- und Ausschusssitzungen öffentlich benannt und die Abstimmungs-ergebnisse von nichtöffentlichen Beschlüssen öffentlich bekannt gegeben werden. Des Weiteren sollen auch die Beschlüsse, deren Nichtöffentlichkeit entfallen ist, öffentlich bekannt gegeben werden. Zudem wäre strenger zu prüfen, ob Tagungsordnungs-punkte wirklich nichtöffentlich behandelt werden müssen.
Begründung:
Städte und Gemeinden sind verpflichtet, öffentlich bekannt zu geben, wann und wo eine nichtöffentliche Stadt- oder Gemeinderatssitzung stattfindet und welche Tagesordnungspunkte dort behandelt werden. Ein Verstoß gegen diese Vorschrift hat gravierende Folgen: Wie der Oberregierungsrat Michael Pahlke, der seit Oktober 2014 Leiter der Rechtsreferendarausbildung an der Regierung von Unterfranken ist, feststellt: „Die unterbliebene ortsübliche Bekanntmachung eines Tagesordnungspunktes hat daher als Fehlerfolge grundsätzlich die Nichtigkeit eines gefassten Beschlusses zur Folge.“1 Diesem Risiko sollte sich die Stadt Regensburg nicht aussetzen. Die Öffentlichkeit in Regensburg, BürgerInnen und Medien, haben ein Recht darauf zu erfahren, wo und wann die Sitzungen des Stadtrates stattfinden und welche Angelegenheiten behandelt werden. Dies ergibt sich unzweifelhaft aus Artikel 52 der Bayerischen Gemeindeordnung: „Zeitpunkt und Ort der Sitzungen des Gemeinderats sind unter Angabe der Tagesordnung, spätestens am dritten Tag vor der Sitzung, ortsüblich bekanntzumachen.“
Es wird hier nicht nach öffentlichen und nichtöffentlichen Sitzungen unterschieden. Die bisherige Praxis in Regensburg, nur die öffentlichen Stadtratssitzungen öffentlich anzukündigen – nicht aber die nichtöffentlichen Sitzungen des Stadtrates oder einer Ausschüsse -, verstößt klar gegen die Gemeindeordnung.
Aus diesem Grund verfährt München beispielsweise anders: Im Online-Ratsinformationssystem der Stadt kann sich jeder über die konkreten Sachverhalte der Tagesordnungspunkte der öffentlichen und nichtöffentlichen Sitzungen informieren. Der Münchner Stadtrat hat sich im Sinne transparenter und bürgernaher Rathauspolitik ganz bewusst für diese Vorgehensweise entschieden und gute Erfahrungen damit gemacht.
Die bisherige Handhabung in Regensburg beruht vermutlich auf einem Kommentar zur Bayerischen Gemeindeordnung: Die Bekanntmachungspflicht gelte zwar für öffentliche, aber nicht für nichtöffentliche Sitzungen. Da die Bürger nicht an den Sitzungen teilnehmen könnten, wäre die Veröffentlichung der Tagesordnung sinnlos und es bestünde kein legitimes Interesse an den nichtöffentlichen Themen bestehen.
Doch diese Argumentation irrt – und zwar gleich doppelt. Denn erstens ist eine Interpretation der Gemeindeordnung wohl kaum höher zu bewerten als der Wortlaut der Gemeindeordnung selbst, der an dieser Stelle eindeutig ausfällt. Zum anderen können sich die Gemeinden auch nicht mehr länger auf diesen Kommentar berufen, denn sein Urheber Hans-Joachim Wachsmuth hat, wie Pahlke anmerkt, seine Auffassung mittlerweile aufgegeben.2
Aus den veröffentlichten Tagesordnungen in Regensburg ist noch nicht einmal ersichtlich, ob noch weitere nichtöffentliche Tagesordnungspunkte zur Diskussion anstehen. Was noch beraten werden soll wird auch nicht andeutungsweise aufgeführt. Soweit dabei Rücksichten auf das Wohl der Allgemeinheit oder auf berechtigte Ansprüche Einzelner es erforderlich machen, ist die Tagesordnung des nichtöffentlichen Teils zumindest in verallgemeinerter Form bekannt zu machen. Hier sei nochmals auf die Praxis in München verwiesen: Auf der nichtöffentlichen Tagesordnung des Stadtratsplenums am 8.7.14 z. B. standen 20 Punkte. Sie sind konkret formuliert, etwa: „Bekanntgabe einer Dringlichen Anordnung des Oberbürgermeisters gemäß Art. 37 Abs. 3 Satz GO vom 12.06.2014 Neubau Kindertagesstätte Marianne-Plehn-Straße Einleitung eines Aktivprozesses wegen Mängeln und Schäden“3.
Ebenso werden die nichtöffentlichen Tagesordnungen der Ausschüsse in gleicher Weise öffentlich angekündigt und sind damit auch später jederzeit einsehbar. ln der nichtöffentlichen Sitzung des Münchner Ausschusses für Stadtplanung und Bauordnung am 16.7.14 stand beispielsweise der folgende Beschlussvorschlag auf der Tagesordnung: „ln-House-Vergabe (Bauträgerauswahl) Flurstück 9346/3 Sektion V Gemarkung Sendling Karwendelstraße 39“4. Das sind wichtige und relevante Informationen, die die interessierte Öffentlichkeit wenigstens thematisch von den sachpolitischen Entscheidungen in Kenntnis setzen.
Geht es um Personalangelegenheiten, die datenschutzrechtlich relevant sind, heißt es lediglich allgemein: „Übertragung eines Amtes der BesGr. B 4 auf Lebenszeit“ oder „Beförderung Baureferat“. Es sind nicht nur sind die Tagesordnungspunkte der nichtöffentlichen Sitzung vorher bekanntzugeben sowie die Beschlüsse aus nichtöffentlicher Sitzung öffentlich mitzuteilen, wenn der Grund der Geheimhaltung weggefallen ist, sondern darüber hinaus auch die Abstimmungsergebnisse nichtöffentlicher Beschlüsse offenzulegen. Die als zwingend betrachtete dauerhafte Geheimhaltung des Abstimmungsverhaltens in einer nichtöffentlichen Sitzung widerspricht dem Prinzip der offenen Abstimmung bei Sachfragen, welches auch bei nichtöffentlichen Sitzungen Geltung hat, so Regierungsrat Michael Pahlke. „Die Gemeindebürger haben ein Anrecht darauf, zumindest nachträglich zu erfahren, wie ihr Volksvertreter in einer bestimmten nichtöffentlich behandelten Angelegenheit abgestimmt hat.“
Pahlke resümiert: „Die von der herrschenden Meinung als zwingend betrachtete dauerhafte Geheimhaltung des Abstimmungsver-haltens in einer nichtöffentlichen Sitzung widerspricht dem Prinzip der offenen Abstimmung bei Sachfragen (Art. 51 Abs. 1 Satz 1 GO), welches auch bei nichtöffentlichen Sitzungen Geltung hat.“ Und er hält fest: „Sofern die Gründe für die Geheimhaltung eines in nicht-öffentlicher Sitzung gefassten Beschlusses weggefallen sind, ist Pressevertretern auf ein entsprechendes Ersuchen auch das Abstimmungsverhalten in einer nichtöffentlichen Sitzung bekannt zu geben.
Fußnoten:
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Michael Pahlke: Die Information der Öffentlichkeit und der Medien über nichtöffentliche Gemeinderatssitzungen. Bayerische Verwaltungsblätter 2/2014. Seite 33-42.
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https://holzkirchnerstimme.de/geheime-sitzungen-als-auslaufmodell/139878.html.
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https://www.ris-muenchen.de/RII/RII/ris_sitzung_nto.jsp?risid=3212121.
- https://www.ris-muenchen.de/RII/RII/ris_sitzung_nto.jsp?risid=3212654.