Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
folgenden Antrag bitten wir im Stadtrat vorzulegen:
Der Stadtrat nimmt Kenntnis von den nachfolgenden Informationen zur weiteren Entwicklung, insbesondere bei den Wertsteigerungen, der 128 GBW-Wohnungen in der Hermann-Geibstr./Von-Rainer-Str., bei denen der Stadtrat am 12.12.2013 auf das Vorkaufsrecht verzichtet hat.
Information zur Entwicklung der 128 GBW-Wohnungen in der Hermann-Geibstr./Von-Rainer-Str.:
Im April 2013 verkaufte die Bayerische Landesbank alle 33.000 GBW-Wohnungen im Freistaat Bayern an den Augsburger Investor Patrizia. In der ausgehandelten Sozialcharta hat man nach §469 BGB den Kommunen ein Vorkaufsrecht bei einem weiteren Verkauf eingeräumt. Allerdings wurde die nach dem BGB gültige Frist zur Ausübung des Vorkaufsrecht von zwei Monaten auf einen Monat verkürzt, was angesichts der zu erfolgenden Prüfung durch städtische Verwaltungen die Möglichkeit reduziert, dass die Mitglieder eines Stadtrats sich bis zur entscheidenden Stadtratssitzung ausreichend informieren und gründlich damit beschäftigen können.
Patrizia hat seitdem viele dieser ehemaligen GBW-Wohnungen weiterverkauft. Ende November 2013 wollte sich Patrizia auch von den 128 Wohnungen in der Hermann-Geib-Straße und Von-Reiner-Staße in Regensburg trennen.
Gemäß der „Sozialcharta GBW-Wohnungen“ hätte die Stadt Regensburg zunächst das Vorkaufsrecht bei diesen Wohnungen gehabt. Am 12. Dezember 2013 stand dies auf der Tagesordnung der nicht-öffentlichen Sitzung im Regensburger Stadtrat. Nur die Fraktionsvorsitzenden erhielten kurz vorher eine Beschlussvorlage, die Aufnahme auf die Tagesordnung der Sitzung am 12.12.13 als Ergänzungstagesordnungspunkt mit der Bezeichnung „Grundstücksverkauf GBW AG, hier Nichtausübung des Vorkaufsrechtes“ wurde erst ein bis zwei Tage vorher zugestellt. Aus dem Ergänzungstagesordnungspunkt war nicht ersichtlich, um welche Wohnungen in Regensburg es ging. Dies führte im Zusammenhang mit der kurzfristigen Bekanntgabe des Tagesordnungspunkts und dem kurzfristigen Versenden der Beschlussvorlage an die Fraktionsvorsitzenden dazu, dass die allermeisten Stadträte sich überhaupt nicht darauf vorbereiten konnten, die fraktionslosen Stadträte der ÖDP, Piraten sowie wir hatten grundsätzlich keinen Zugang zu irgendwelchen Unterlagen oder Informationen vor der Sitzung. Der Stadtrat entschied damals mehrheitlich, auf das Vorkaufsrecht zu verzichten.
Wie in der Sozialcharta festgelegt, hätte die Stadt Regensburg für die Wohnungen 9 Millionen zuzüglich eines Zuschlags von 5 % des Kaufpreises zahlen müssen, also 9.450.000 €. Dies entspricht einem Preis von 1.471 € pro Quadratmeter. Eine Wohnung hätte damit im Schnitt knapp 74.000 € gekostet. Nachdem die Stadt auf das Vorkaufsrecht aber verzichtete, konnte der Münchner Investor Domicil die Wohnungen zum Preis von 9 Millionen von Patrizia erwerben, was einen m2-Preis von 1.400 €/m2 bedeutet bzw. durchschnittlich ca. 70.000 € pro Wohnung.
Weder in der Beschlussvorlage noch in der Sitzung am 12.12.2013 wurde außerdem erwähnt, dass die Gebäude erst vor einigen Jahren saniert, die Fassade wärmegedämmt sowie Fenster und Dächer erneuert wurden. Dies haben wir erst wenige Tage nach der Stadtratssitzung am 12.12.13 durch Befragung verschiedener Mieter herausgefunden.
Schon kurz nachdem der Kauf Anfang Januar 2014 durch Domicil getätigt war, bot das Unternehmen auf seinen Internetseiten die soeben erworbenen GBW-Wohnungen in der Hermann-Geib-Str. / Von-Reiner-Str. am 28.01.2014 wieder zum Verkauf an[1], am 01.11.2014 verkündete es den „Objektausverkauf in Regensburg“:
„Erst vor kurzem haben wir den Verkaufsstart gemeldet und jetzt stehen wir bereits vor dem Abschluss. Bis Jahresende stehen nur noch ganz wenige Wohnungen zum Verkauf.“[2]
Auf den Internetseiten von Domicil lockt das Unternehmen potentielle Käufer in der Hermann-Geibstr. mit „guten Renditen durch attraktive Mieteinnahmen“, „professionellem Immobilienmanagement“, der Qualität der Gebäude („Außenwände sind mit einer Außendämmung (Wärmedämmverbundsystem) versehen“, „TÜV SÜD-geprüfte Wohnanlage“) sowie der Lage („Attraktive Lage in Regensburg, Kasernenviertel – Hervorragende Infrastruktur und optimale Verkehrsanbindung“).
Dabei scheint Domicil ein gutes Geschäft zu machen, denn die Wohnungen wurden nun zu einem Quadratmeterpreis von 2.268 €/m2 angeboten[3],je Wohneinheit zwischen 100.000 € und 173.000 €. Dies entspricht einer Steigerung von 62 Prozent pro m2 gegenüber dem Betrag von 1.400 €/m2, den das Unternehmen bezahlen musste. Würde man eine ähnliche Wertsteigerung auch annehmen, wenn die Stadt von ihrem Vorkaufsrecht Gebrauch gemacht hätte, dann würde das gegenüber dem Betrag von 1.471 €/ m2, den die Stadt hätte bezahlen müssen, eine Steigerung von 54% bedeuten.
Wie wir vor kurzem erfahren haben, zahlen einige Mieter/innen derzeit ziemlich hohe Mieten. So wurde uns gegenüber z. B. bei einer Wohnung der Betrag von 810 € Warmmiete bei einer Wohnungsgröße von ca. 65 m2 genannt. Vom Eigentümerwechsel von der Bayerischen Landesbank zu Patrizia wussten viele Mieter/innen nichts. Dies scheint zumindest teilweise auch in anderen Städten der Fall gewesen zu sein[4]. Nur vom Kauf durch Domicil wurden sie informiert.
Mit freundlichen Grüßen
Irmgard Freihoffer | Richard Spieß |
[1] http://www.domicil-immobilien.de/nc/unternehmen/aktuelles/neuigkeit/article/neues-objekt-in-regensburg.html)
[2] http://www.domicil-immobilien.de/nc/unternehmen/aktuelles/neuigkeit/article/objektausverkauf-regensburg.html
[3] Siehe http://www.domicil-immobilien.de/uploads/tx_userrealestate/BA1_Begleitbroschuere_online.pdf.
[4] Siehe Abendzeitung vom 10.4.2014 im Artikel „Die GBW verkauft Wohnungen“: „Das ominöse Konsortium. Die GBW-Mieter wissen nicht genau, wem ihre Wohnungen gehören.“ http://www.abendzeitung-muenchen.de/inhalt.wohn-wahnsinn-die-gbw-verkauft-4488-wohnungen.7f7a19e2-a4db-4f8c-a769-6111f7339c47.html