Pressemitteilung zur Smart City-Strategie

Techno-totalitäre Fantasien: Smart City-Strategie der Stadt soll sich an der Smart City-Charta der Bundesregierung orientieren

Durch die Wirtschaftskrise und Corona-Lockdowns sowie teure Prestigevorhaben der Vergangenheit wie das Haus der Bayerischen Geschichte, das die Stadt über 23 Mi. € kostete, fehlt es an allen Ecken und Enden an Geld: kaputte Straßen und Kanäle können nicht saniert werden, Schulen wie die Pestalozzischule und die Realschule am Judenstein kämpfen seit Jahren um dringend benötigte Sanierungsmaßnahmen, aber die Stadt verschiebt die Maßnahmen Jahr um Jahr mit dem Hinweis auf fehlende personelle und finanzielle  Ressourcen.

Jetzt aber wäre die Stadt bereit, 6 Mill. in ein Smart City-Projekt zu stecken, denn so viel müsste die Stadt an Eigenmittel aufbringen, wenn sie in die Förderkulisse des Bundes zu den „Modellprojekten Smart Cities“ aufgenommen würde. Smart City geht weit über Digitalisierung hinaus und strebt die Vernetzung von möglichst vielen Geräten übers Internet von Fahrzeugen, Stromzähler, Haushaltsgeräten und Dienstleistungen an. Dazu muss die Stadt flächendeckend mit Sensoren versehen werden, womit die Daten dann in Echtzeit zusammengeführt werden können. Dadurch lässt sich von jedem Menschen ein digitaler Zwilling, ein Persönlichkeitsprofil, erstellen.

Das aber ebnet den Weg in den „technologischen Totalitarismus“, wie der frühere Mitherausgeber der FAZ, Frank Schirrmacher, die totale Vernetzung und Datensammelwut in seinem Buch von 2014 benannte.

Dass bei solchen Eingriffen in die Privatsphäre des Einzelnen noch nicht einmal bürgerschaftliche Vereine, insbesondere kritische Organisation wie Netzpolitk.org, Digitalcourage oder Binary Kitchen  eingebunden werden, ist völlig unverständlich. Obwohl schon vor einem Jahr ein Smart City Konzept beschlossen wurde, wurde bis heute kein Schritt dazu unternommen.

Die Beschlussvorlage zu TOP 5 des heutigen Plenums ergeht sich in Gemeinplätzen und wohlfeilen Floskeln und Phrasen wie „nachhaltig“, „partizipativ“ und „ganzheitlich“. Wie das dann aussehen soll, wenn sich dieses Smart City-Projekt der Stadt Regensburg an der „Smart City Charta“ der Nationalen Dialog-Plattform  des BMI orientieren soll, lässt einen gruseln. Hier heißt es u. a.:

– „Da wir genau wissen, was Leute tun und möchten, gibt es weniger Bedarf an Wahlen, Mehrheitsfindungen oder Abstimmungen.“

– „Vielleicht wird Privateigentum ein Luxus. Daten könnten Geld als Währung ergänzen oder ersetzen. Ein Markt übermittelt nur, dass eine Person dies oder das gekauft hat; wir wissen aber nicht warum. Künftig können Sensoren uns bessere Daten als Märkte liefern.“

Zwar fehlt es nicht an Bekenntnissen zum Datenschutz. Aber an verschiedenen anderen Stellen in der Broschüre liest man dann das Gegenteil:

– „Das Gold der Zukunft sind die Daten selbst, dann können Steuern sogar eingestellt werden. Das öffentliche Wohl wird durch den Verkauf von Daten gesichert.“

Nicht ohne Grund hat Digitalcourage deshalb 2018 dem Smart City-Konzept den Big Brother-Award, den Oscar für Datenkraken, verliehen.

Statt sich solchen technokratischen Smart City-Konzepten zu verschreiben, sollte die Stadt dringend das Naheliegende in Sachen Digitalisierung machen, nämlich städtische Dienstleitungen und Informationen digital zur Verfügung zu stellen, was in vielen Fällen mit sehr wenig Aufwand möglich wäre. Hier hat die Stadt in der Vergangenheit einiges verschlafen, so z. B. beim Stadtarchiv. Bis heute wurden keine Links zu bereits digitalisierten Quellen auf die Stadthomepage gestellt oder sogenannte Findmittel digitalisiert.[1]


[1] Siehe hierzu meinen Antrag von 2011: https://linksfraktion-regensburg.de/2011/04/05/antrag-2-internetauftritt-des-stadtarchivs-hinweis-auf-das-stadtarchiv-auf-anderen-internetseiten/

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