Sehr geehrte Frau Bürgermeisterin,
folgenden Änderungsantrag zu TOP 14 bitte ich dem Ferienausschuss vorzulegen:
Die Rahmenstrategie für Smart City Regensburg wird folgendermaßen ergänzt und abgeändert:
- In den SCR-Beirat werden kritische Experten- und Datenschützer/innen eingebunden z. B. vom Chaos Computer Club.
- Bevor überhaupt mit einer Smart City Strategie begonnen wird, müssen die grundsätzlichen Problemfelder erörtert werden. Dazu bedarf es kritischer Expert/innen. Abgesehen vom Datenschutz wären u. a. auch die wachsende Abhängigkeit von Computersystemen zu überdenken sowie Reboundeffekte.
- Datenschutz hat Vorrang. Deshalb werden Smart City-Maßnahmen nur soweit umgesetzt als der Datenschutz sichergestellt ist. Das massenhafte Datensammeln von Bürger/innen (Big Data) muss unterbunden werden. Der Datenschutz kann nur gewährleistet werden, wenn ausschließlich Open Source-Anwendungen eingeführt werden.
- Solange gesundheitliche Schäden durch 5G-Strahlung nicht ausgeschlossen werden können, wird dieser Standard nicht eingeführt. Hier muss das Vorsorgeprinzip gelten.
Begründung:
Definition von Smart City nach Wikipedia (Auszug vom 29.4.20):
„Laut manchen Akteuren sei die hochentwickelte Smart City ein Internet of Things and Services: Die gesamte städtische Umgebung ist dabei mit Sensoren versehen, die sämtliche erfassten Daten in der Cloud verfügbar machen. So entsteht eine permanente Interaktion zwischen Stadtbewohnern und der sie umgebenden Technologie. Die Stadtbewohner werden so Teil der technischen Infrastruktur einer Stadt.“
Zum Datensammeln und zur Datensicherheit:
Das große Problem des Datensammelns und der Datensicherheit wird in der Beschlussvorlage nur am Rande, die Rolle und Macht der Digitalkonzerne bei der Entwicklung von Smart City-Strategien überhaupt nicht erwähnt.
Dass das massenhafte Datensammeln, das Steuern und Überwachen der Zivilgesellschaft ist eine reale Gefahr ist, wird auch in reichlich unkritischen Äußerungen in der „Smart City Charta“ der Bundesregierung deutlich:
„Da wir genau wissen, was Leute möchten, gibt es weniger Bedarf an Wahlen, Mehrheitsfindungen oder Abstimmungen. Verhaltensbezogene Daten können Demokratie als das gesellschaftliche Feedbacksystem ersetzen.“[1]
Daten ersetzen auf diese Weise die Demokratie. Im Koalitionsvertrag der Bundesregierung wurde der Weg zum flächendeckenden Datensammeln freigemacht:
„Wir streben an, die Freizügigkeit der Daten als fünfte Dimension der Freizügigkeit zu verankern.“ (Koalitionsvertrag, 7.2.18, Zeile 2.182)
Wie wenig sicher die Daten sein können, zeigt der Fall des Datenklaus beim Rüstungskonzern Rheinmetall, über den gestern berichtet wurde:
„Interne Unterlagen des größten deutschen Rüstungskonzern Rheinmetall sind im Internet aufgetaucht, nachdem Hacker die Daten kopiert und zum Kauf angeboten hatten. Ein Aktivist kaufte die insgesamt 1400 Dateien nach eigener Aussage und stellte den Datensatz dann für jedermann zugänglich zum Download bereit.
(https://www.tagesschau.de/investigativ/ndr/rheinmetall-datenleck-101.html)
Beispiel aus Hamburg:
Im Januar 2014, also drei Monate vor Vertragsschluss zwischen Hamburg und Cisco, hatte das Online-Portal heise Security aufgedeckt, dass in den Routern von Cisco eine sogenannte „Backdoor“ eingebaut worden war. Sie ermöglicht es Internetdienst-anbietern (ISP) sowie externen Dritten, sämtliche Konfigurationsdaten des Routers auszulesen und zu manipulieren, u. a. auch Passwörter für den Administratorzugang des Routers, für WLAN, DSL-Zugang, Proxy-Server usw. Möglich macht dies ein undokumentierter Dienst, der direkt in die Router-Software integriert ist. heise Security deckte auf, dass es damit möglich sei, den gesamten Datenverkehr des Routers umzuleiten und vollständig zu überwachen.
(https://www.massivkreativ.de/smart-city-und-kreativwirtschaft-wem-gehoert-die-stadt/)
Zu Rebound- oder Rückpralleffekte:
Effizienzsteigerungen senken oft die Kosten für Produkte oder Dienstleistungen. Dies kann dazu führen, dass sich das Verhalten der Nutzer ändert: Sie verbrauchen mehr – die ursprünglichen Einsparungen werden teilweise wieder aufgehoben.
Auch bei der zunehmenden Digitalisierung ist mit steigendem Energie- und Ressourcenverbrauch zu rechnen:
„Wenn sich die Rechnerleistung pro kWh alle 1,5 Jahre verdoppelt, gleichzeitig aber immer mehr Geräte produziert und genutzt werden und dabei deren verbaute Prozessorleistung stark ansteigt, verpufft das Einsparpotenzial […] Bis 2020 werden ca. 32 Milliarden Dinge über das Internet vernetzt sein. Dieser Datenaustausch trägt zum jährlichen 20 %igen Wachstum bei und wird auch den Energieverbrauch drastisch steigern.“ [2]
Zu 5G:
Die WHO stuft bereits WLAN-Strahlung als potenziell krebserregend ein. Durch den massenhaften Ausbau von 5G-Masten, der für die Vernetzung der Stadt notwendig sein wird, wird die Hintergrundbelastung weiter stark zunehmen. Manche Städte/Kommunen wie Brüssel und Bad Wiessee haben deshalb einen Beschluss gefasst, 5G-Standards vorerst nicht einzuführen, bis die Unbedenklichkeit ausgeschlossen ist.
Die weitere Begründung erfolgt in der Sitzung.
Mit freundlichen Grüßen
Irmgard Freihoffer
[1] Langfassung der „Smart City Charta“, S. 43. https://www.bmu.de/download/smart-city-charta/
[2] Jürgen Merks, „Digital first. Planet Second. Folgen unter ferner liefen“ in: P. Hensinger, J. Merks, W. Meixner, Smart City- und 5G-Hype, Bergkamen, 2019, S. 51.